Warum es so wichtig ist, als Mediator zu den Konfliktparteien eine gute ‘Beziehung’ aufzubauen.

Bei der Mediation dreht sich vieles um Gefühle und Emotionen. Darum ist es als Mediator[1] essenziell, sich auf die Menschen, die ihm in der Mediation gegenübersitzen einzulassen und sich nicht nur auf Fakten zu beschränken. 

Unser Umfeld ist heute mehr denn je von unterschiedlichen Kulturen, Ansichten und Werten geprägt. Auch in der Schweiz spielen internationale Beziehungen sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld eine grosse Rolle – der Nachbar kommt aus einem anderen Land, die Sprache, Kultur und das Wertesystem sind weitgehend unbekannt. Der Mitarbeiter oder Geschäftspartner hat eine andere Hautfarbe und kommt aus einem Land, das man selbst nur von Bildern oder aus den Nachrichten kennt. 

Obgleich dies eine grosse Bereicherung für die Menschheit ist (davon bin zumindest ich voll überzeugt), kann dies zu Konflikten führen. Konflikte beruhen oft auf unterschiedlichen Werten, Vorstellungen und Wünschen und auch das Kommunikationsverhalten der Kulturen kann sich stark unterscheiden. 

Als Mediator bin ich konstant mit unterschiedlichen Werten und Interessen konfrontiert. Umso mehr, wenn es sich um Parteien unterschiedlicher kultureller Hintergründe handelt. Ich muss daher versuchen mich auf diese Unterschiede einzulassen (nicht zwingend sie zu verstehen) und damit den Parteien die Chance geben, tatsächlich ‘gehört’ zu werden. Hinzu kommen meine eigene Kultur und Werte, die meine Wahrnehmung ebenfalls beeinflussen. 

Wie also kann ich mich auf diese Unterschiede einlassen? Das Zauberwort lautet ‘Beziehung’ oder ‘Verhältnis’ aufbauen (englisch ‘to build rapport’). Damit ist gemeint, dass man eine Verbindung zum Gegenüber schafft, die es allen Parteien erlaubt, sich offen und ehrlich in der Mediation zu bewegen. Wenn ich mein Gegenüber als interessanten, gleichberechtigten Menschen wahrnehme, bin ich bereit, ihm zuzuhören und zu akzeptieren, dass auch seine Werte und Interessen eine Berechtigung haben und wertvoll sind. Nur wenn ich als Mediator auf jede Partei eingehe, kann auch die andere Konfliktpartei einen Zugang zum Gegenüber finden, ihr den notwendigen Respekt zollen und so einer Konfliktlösung näherkommen. 

Wie aber schaffe ich es als Mediator, diese ‘Beziehung’ aufzubauen?  Es fängt damit an, dass ich aktiv zuhöre und Interesse zeige. Dies geschieht durch Fragestellungen, zu einem grossen Teil aber auch durch nonverbale Kommunikation – und oft sogar durch Schweigen. Manchmal hilft es, den Prozess der Mediation etwas zu verlangsamen, um sicherzustellen, dass alles verstanden wurde. Dies nennt man ‘Entschleunigung’. 

Zu jeder Zeit muss der Mediator unbedingt neutral bleiben, alle Parteien gleichberechtigt und somit keine Seite bevorzugt behandeln. Offenheit und Ehrlichkeit zwischen den Parteien ist wichtig – ebenso wichtig für eine Einigung ist es aber auch, dass der Mediator aufrichtig auf die Interessen aller Mediationsparteien ein- und unterstützend vorgeht. 

Erfahrung hilft dem Mediator beim Aufbau von ‘Beziehungen’ zu den Parteien. Es kann aber auch nützlich sein, sich insbesondere im Thema ‘interkulturelle Kompetenz’ weiterzuentwickeln und Wissen aufzubauen.  

Der Aufbau der ‘Beziehungen’ erleichtert den Mediationsprozess ungemein und verbessert die Chance, zu einer Lösung zu kommen – auch wenn es keine Garantie dafür gibt. Es lohnt sich auf jeden Fall, Mediation also Konfliktlösungsinstrument eine Chance zu geben. 

Für einen ersten Kontakt kommen Sie gerne auf mich zu (+41 079 667 38 54 oder beatrice.herrmann@shiok.ch).

Dr. Beatrice Herrmann ist Unternehmensberaterin, Mediatorin und Executive Coach (https://www.linkedin.com/in/dr-beatrice-herrmann-275698/)


[1] Im Artikel ist immer auch die weibliche Form gemeint.