Beiträge

Was hat es mit interkultureller Mediation auf sich?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich in meiner Tätigkeit als Mediatorin noch wenige Mediationen durchgeführt habe, die nicht interkulturell gewesen wären. Nun kann dies damit zusammenhängen, dass ich einen Grossteil meiner Arbeit in der Mediation in Singapur verrichte. Dort kommen die unterschiedlichsten Kulturen zusammen. Aber auch in der Schweiz sind wir inzwischen so international, dass kaum ein Zusammentreffen von Menschen nicht auch einen interkulturellen Aspekt hätte. Fast überall kommen auch hier unterschiedliche Sprachen, Religionen, Hautfarben, Generationen, Wertesysteme etc. zusammen.

Warum also wird interkulturelle Mediation nach wie vor als ‘Spezialfall der Mediation’ angesehen? Dies kann damit zu tun haben, dass man beim Zusammentreffen verschiedener Kulturen noch stärker auf (unterschiedliche) nonverbale Hinweise, Emotionen, tieferliegende Wertesysteme, Machtstrukturen usw. achten muss. Was schon an sich eine grundlegende Fähigkeit eines jeden Mediators sein muss, nämlich ‘gut’ kommunizieren zu können, also aktiv zuhören und paraphrasieren zu können, Fragetechniken anzuwenden und alle Parteien ‘abzuholen’ und einander verständlich zu machen, ist im interkulturellen Kontext noch viel wichtiger. Als Beispiel mag das Kopfschütteln dienen, das je nach kulturellem Umfeld als Verneinen oder aber als Zustimmung aufgefasst werden kann. Missverständnisse sind so rasch entstanden.

Weiter ist das Verhandeln von ‘fairen’ Optionen zwischen unterschiedlichen Kulturen meist schwieriger, da sich Wertesysteme und Machtstrukturen stark unterscheiden können. Was ‘hier’ als unfair gilt mag ‘dort’ als normal und sogar gerecht angesehen werden. Ebenso sind unterschiedlich wahrgenommene Machtstrukturen bei der Entscheidungsfindung oft sehr relevant. Auch unter diesen Gegebenheiten gilt es, eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung zu finden. Hierfür ist oft ein hohes Mass an kultureller Intelligenz notwendig.

Wichtig scheint mir als Mediatorin, dass ich nicht die kulturellen Unterschiede als solche ins Zentrum rücke und als Ursache jeden Konfliktes ansehe. Kulturelle Unterschiede können Konflikte verursachen, sind jedoch selten die einzige oder direkte Ursache eines Streites. Nur unter dieser Prämisse werden Konflikte im innerkulturellen Kontext überhaupt lösbar, dann nämlich, wenn wir tiefer graben und verstehen, was wirklich die Bedürfnisse und Interessen der einzelnen Parteien sind und uns nicht in kulturellen Unterschieden verstricken.

Abschliessend bleibt zu erwähnen, dass auch der Mediator bzw. die Mediatorin mit dem eigenen kulturellen Hintergrund eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt. In meinem Umfeld handelt es sich dabei sogar oft um eine ‘Drittkultur’, also eine andere Kultur als die der direkt am Konflikt beteiligten Parteien. Auch meine eigene Kultur bringt andere Werte und Erfahrungen in den Prozess mit ein – was sich oft auch schon als Vorteil für dessen Lösung erwiesen hat.

Sollten Sie Unterstützung bei der Lösung eines aktuellen Konfliktes benötigen oder an einer Veränderung im Umgang mit Konflikten bei sich selbst oder in Ihrem Unternehmen interessiert sein, setzen Sie sich mit mir oder einem meiner Kollegen bei commercialmediation.ch in Verbindung.

Besondere Herausforderungen sind kein Hindernis für den Erfolg einer Mediation

Kürzlich war ich als Mediatorin an einer Mediationssitzung, die einige Besonderheiten aufwies, involviert. 

Bei dieser Business-to-Business Mediation handelte es sich um eine Mediation zwischen zwei Teams verschiedener Kulturen, die bei der Zusammenarbeit auf einige Schwierigkeiten gestossen waren. Der Konflikt drohte den Erfolg des gesamten Projektes zu gefährden. Bei den Ursachen des Konfliktes ging es um bei interkulturellen Mediationen nicht unbekannte Aspekte. So bestanden massive Unterschiede in der Kommunikation, im Management und insbesondere auch in der Handhabung von Beziehungen, in denen z.B. die hierarchische Ordnung sehr unterschiedlich bewertet wurde.

Beide Parteien waren mit mehreren Teilnehmern vertreten, was an und für sich noch keine Besonderheit darstellt. Jedoch – als ob die interkulturellen Aspekte mich als Mediatorin nicht schon genug gefordert hätten – kam hinzu, dass nicht alle Individuen physisch im Raum anwesend waren. Die Mediation war also weder eine physische Veranstaltung noch rein online, sondern eine hybride Mediation. Dies führte zu technischen Herausforderungen, da die Kamera unmöglich alle im Raum Anwesenden gleichzeitig in Grossbild auf den Bildschirm spielen, noch die aufgehängten Flipcharts zur Themensammlung für alle gut sichtbar einblenden konnten. Der geplante technische Setup wäre eigentlich so gewesen, dass ein Computer als ‘Whiteboard’, also als Tafel, genutzt werden könnte; wie so oft bei der Technik, klappte das aber leider nicht wie gewünscht. 

Als weitere Erschwernis kam hinzu, dass alle physisch Anwesenden gezwungen waren, Maske zu tragen – Corona sei Dank. Dies wiederum erschwerte das Vermitteln der nonverbalen Hinweise, die gerade in dieser internationalen Konfiguration mit unterschiedlichen Muttersprachen und entsprechenden verbalen Hürden umso wichtiger gewesen wären. 

Allen diesen Hürden zum Trotz konnten wir nach mehreren Stunden intensiver Verhandlung die Mediation erfolgreich weiterbringen und der Lösung des Konfliktes und damit dem Projekterfolg einen Schritt näherkommen. 

Was habe ich daraus gelernt? Solange der Prozess stringent durchgehalten, die Beteiligten geführt und die Themen und Probleme offen auf den Tisch gelegt werden, die Parteien nicht an ihren Positionen festhalten, sondern wir uns auf die (gemeinsamen) Interessen fokussieren können, kann eine Mediation auch unter ‘widrigen’ Umständen erfolgreich sein. 

Probieren Sie es aus!

Warum es so wichtig ist, als Mediator zu den Konfliktparteien eine gute ‘Beziehung’ aufzubauen.

Bei der Mediation dreht sich vieles um Gefühle und Emotionen. Darum ist es als Mediator[1] essenziell, sich auf die Menschen, die ihm in der Mediation gegenübersitzen einzulassen und sich nicht nur auf Fakten zu beschränken. 

Unser Umfeld ist heute mehr denn je von unterschiedlichen Kulturen, Ansichten und Werten geprägt. Auch in der Schweiz spielen internationale Beziehungen sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld eine grosse Rolle – der Nachbar kommt aus einem anderen Land, die Sprache, Kultur und das Wertesystem sind weitgehend unbekannt. Der Mitarbeiter oder Geschäftspartner hat eine andere Hautfarbe und kommt aus einem Land, das man selbst nur von Bildern oder aus den Nachrichten kennt. 

Obgleich dies eine grosse Bereicherung für die Menschheit ist (davon bin zumindest ich voll überzeugt), kann dies zu Konflikten führen. Konflikte beruhen oft auf unterschiedlichen Werten, Vorstellungen und Wünschen und auch das Kommunikationsverhalten der Kulturen kann sich stark unterscheiden. 

Als Mediator bin ich konstant mit unterschiedlichen Werten und Interessen konfrontiert. Umso mehr, wenn es sich um Parteien unterschiedlicher kultureller Hintergründe handelt. Ich muss daher versuchen mich auf diese Unterschiede einzulassen (nicht zwingend sie zu verstehen) und damit den Parteien die Chance geben, tatsächlich ‘gehört’ zu werden. Hinzu kommen meine eigene Kultur und Werte, die meine Wahrnehmung ebenfalls beeinflussen. 

Wie also kann ich mich auf diese Unterschiede einlassen? Das Zauberwort lautet ‘Beziehung’ oder ‘Verhältnis’ aufbauen (englisch ‘to build rapport’). Damit ist gemeint, dass man eine Verbindung zum Gegenüber schafft, die es allen Parteien erlaubt, sich offen und ehrlich in der Mediation zu bewegen. Wenn ich mein Gegenüber als interessanten, gleichberechtigten Menschen wahrnehme, bin ich bereit, ihm zuzuhören und zu akzeptieren, dass auch seine Werte und Interessen eine Berechtigung haben und wertvoll sind. Nur wenn ich als Mediator auf jede Partei eingehe, kann auch die andere Konfliktpartei einen Zugang zum Gegenüber finden, ihr den notwendigen Respekt zollen und so einer Konfliktlösung näherkommen. 

Wie aber schaffe ich es als Mediator, diese ‘Beziehung’ aufzubauen?  Es fängt damit an, dass ich aktiv zuhöre und Interesse zeige. Dies geschieht durch Fragestellungen, zu einem grossen Teil aber auch durch nonverbale Kommunikation – und oft sogar durch Schweigen. Manchmal hilft es, den Prozess der Mediation etwas zu verlangsamen, um sicherzustellen, dass alles verstanden wurde. Dies nennt man ‘Entschleunigung’. 

Zu jeder Zeit muss der Mediator unbedingt neutral bleiben, alle Parteien gleichberechtigt und somit keine Seite bevorzugt behandeln. Offenheit und Ehrlichkeit zwischen den Parteien ist wichtig – ebenso wichtig für eine Einigung ist es aber auch, dass der Mediator aufrichtig auf die Interessen aller Mediationsparteien ein- und unterstützend vorgeht. 

Erfahrung hilft dem Mediator beim Aufbau von ‘Beziehungen’ zu den Parteien. Es kann aber auch nützlich sein, sich insbesondere im Thema ‘interkulturelle Kompetenz’ weiterzuentwickeln und Wissen aufzubauen.  

Der Aufbau der ‘Beziehungen’ erleichtert den Mediationsprozess ungemein und verbessert die Chance, zu einer Lösung zu kommen – auch wenn es keine Garantie dafür gibt. Es lohnt sich auf jeden Fall, Mediation also Konfliktlösungsinstrument eine Chance zu geben. 

Für einen ersten Kontakt kommen Sie gerne auf mich zu (+41 079 667 38 54 oder beatrice.herrmann@shiok.ch).

Dr. Beatrice Herrmann ist Unternehmensberaterin, Mediatorin und Executive Coach (https://www.linkedin.com/in/dr-beatrice-herrmann-275698/)


[1] Im Artikel ist immer auch die weibliche Form gemeint.