Rechts-Handwerker statt Problemlöser

Noch immer meinen Juristen, dass Fachausbildungen die Güte eines Anwaltes ausmachen würden. Demgegenüber sollte bei der Ausbildung von Anwälten auch darauf geachtet werden, dass sie Fähigkeiten erlernen, mit denen sie streitenden Parteien bei der Konfliktbewältigung helfen können. In diesem Sinne führt RA Ueli Vogel-Etienne richtigerweise an, dass es an der Zeit ist, dass Universitäten sich vermehrt auch aussergerichtlichen Konfliktlösungs-Methoden widmet. Lesen Sie dazu seinen Leserbrief, Neue Zürcher Zeitung (NZZ) vom 23. April 2020:

Falsche Frage!
«Wie finde ich einen guten Anwalt?», fragt mein Berufskollege Philipp H. Haberbeck in der NZZ vom April 2020. Die Frage ist falsch gestellt. Sie sollte lauten: Wie finde ich einen guten Konfliktlöser? Philipp Haberbeck hält vor allem die Spezialisierung für das entscheidende Kriterium bei der Anwaltswahl. Doch «wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel»: Diesen Satz soll der Kommunikationswissenschafter Paul Watzlawick formuliert haben. Er redete damit einem Methodenpluralismus das Wort. In einem ähnlichen Sinne äusserte sich der Harvard-Rechtsprofessor Frank Sander mit seiner Forderung nach einem «multi-door court-house». Er bezeichnete damit ein Gericht, das jedem Konflikt den passenden Lösungsweg zuweisen sollte. Sanders Idee hallte nach: In den USA befassen sich die Jus-Studenten längst nicht mehr nur mit «litigation» (Prozessführung), sondern generell mit «dispute resolution» (Konfliktlösung). Dazu gehören vielfältige Konfliktlösungsmethoden wie zum Beispiel Schiedsgerichtsbarkeit, Mediation und «collaborative law». Die Universität Zürich bietet nicht einmal eine Vorlesung über Mediation an!
Nach der Rechtsprechung in Deutschland müssen Anwälte das «Gebot des sichersten Weges» befolgen. Das heisst, sie müssen ihren Klienten diejenige Vorgehensweise empfehlen, welche die geringsten Risiken birgt. Damit sie dies tun können, genügt eine fachliche Spezialisierung nicht. Vielmehr müssen Anwälte verschiedene Konfliktlösungsmethoden kennen. Die Entwicklung in der Schweiz verläuft eher gegenteilig: Die Anwaltsverbände fördern die von Philipp Haberbeck gepriesenen Fachausbildungen, aus denen spezialisierte Rechts-Handwerker hervorgehen, die nur Hämmer und Nägel kennen und entsprechend prozessieren. Die wenigsten Anwälte und Richter hierzulande haben jemals von der Idee eines «multi-door court-house» gehört. Sie spulen Konflikte aus ihrem Arbeitsgebiet nach den formalisierten Regeln der Prozessordnung ab, auch wenn die Konflikte nach diesen Regeln gar nicht justiziabel sind. Der aufgeklärte Klient fragt nicht – oder mindestens nicht nur – nach Spezialisierungen, sondern nach Lösungswegen.
Ueli Vogel-Etienne, Zürich, Rechtsanwalt
Aus dem NZZ-E-Paper vom 23.04.2020

Corona-Krise: Mediation bei betreibungs- und konkursrechtlichen Streitigkeiten

Mediation ist bei der effizienten und kreativen Beilegung von B2B-Streitigkeiten ebenso wie bei B2C oder anderen Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit vollstreckungsrechtlichen Problemstellungen stehen, ein äusserst sinnvolles Verfahren. Auch wenn diese Feststellung nicht als Neuigkeit bezeichnet werden kann, so ist es aber äusserst erfreulich, dass dies nun aus berufenem Munde bestätigt wird: Prof. Dr. Franco Lorandi führt in seinem Aufsatz aus, welchen direkten Nutzen das Mediationsverfahren für die Bewältigung von Streitigkeiten im vollstreckungsrechtlichen Umfeld hat. Darüber hinaus muss davon ausgegangen werden, dass die Corona-Krise unser Vollstreckungsrecht nochmals herausfordern wird. Die ökonomische Corona-Krise nimmt jetzt erst ihren Beginn. Es ist zu hoffen, dass Gläubiger und Schuldner sinnvolle Wege beschreiten, um einen für beide Seiten guten und zielführenden Weg zu gehen. Bezüglich den Einsatz von Mediation im Vollstreckungsrecht mögen Sie den Aufsatz von Franco Lorandi lesen.

Online Mediation: Rasche effiziente Streitbeilegung während der Corona-Krise

Viele MediatorInnen haben die Befürchtung geäußert, Online-Mediationen seien nicht so effektiv wie die klassische Mediation, bei der sich die Parteien persönlich treffen. Ich habe diese Sorge geteilt und darauf bestanden, dass dies ein Prozess ist, der auf einem persönlichen Kontakt basiert. Jetzt haben mich die Corona-Umstände dazu gezwungen, den online-Mediationsprozess zu verwenden.

Ich freue mich, berichten zu können, dass der Prozess erfolgreich war. Die Online-Mediation ist nicht ganz so gut wie eine persönliche Vermittlung, aber sie ist näher dran als ich mir das zuvor hätte vorstellen können. Wir sind durch die Corona-Krise gezwungen, Dinge anders zu tun als wir es uns gewohnt waren. Ich würde nicht so weit gehen und sagen, dass Online-Mediation das persönliche Zusammentreffen bei Mediationen künftig ersetzen wird, aber ich denke, sie wird durch die Erfahrungen, die wir infolge dieser Krise machen werden, an Popularität gewinnen. Wir können die Bearbeitung von aktuellen Konflikten nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschieben und darauf vertrauen, dass nach der Corona-Krise alles gleich weitergehen wird wie zuvor. Vielmehr sollten wir diese Situation nutzen, um den Parteien und ihren allfälligen Beratern (z.B. Anwälte) zu zeigen, dass Mediation auch online sehr gut funktioniert.

Und so geht’s: Ich sende den Parteien einen Link. Diese klicken diesen an, um sich für die Online-Sitzung zu registrieren.

Sobald die Verbindung hergestellt ist, gibt es für die Parteien nichts mehr zu tun, außer mit mir und miteinander zu reden, wie wir es in einer typischen Mediation tun würden. Unabhängig davon, wo Sie sich physisch befinden, können die Parteien mit oder ohne Berater (z.B. Anwälte) an der Sitzung teilnehmen. Das Gespräch unter den Teams, d.h. zwischen einzelnen Mitgliedern einer Partei, oder zwischen einer Partei und ihren Beratern sowie auch mit mir als Mediator kann auch in separaten Break-out-Räumen stattfinden.

Die Technologie erlaubt es mir, virtuelle Räume einzurichten, wie ich es in einem Büro mit mehreren Konferenzräumen tun würde. Wenn es sinnvoll erscheint, kann ich mit den Parteien vorsehen, dass verschiedene Break-out-Räume eingerichtet werden. Ich bringe sodann die Parteien mit allfälligen Begleitern in ihren jeweiligen Raum. In einem typischen Zweiparteien-Fall könnte das zwei Räume bedeuten. In einem Mehrparteienfall richten wir so viele Räume ein, wie nötig. Die Parteien entscheiden, wer in Ihrem Raum ist. Sie sehen und hören jeden in Ihrem Raum auf dem Computerbildschirm. Niemand sonst kann Sie in dem Raum hören oder sehen, wenn Sie nicht hereingebeten werden. Ich bewege mich in den verschiedenen Räumen ein und aus, wenn es die Situation erfordert. Sie können zum Beispiel darum bitten, sich mit oder ohne mich mit einer anderen an der Mediation teilnehmenden Person zu treffen und auszutauschen.

Versuchen Sie es. Bestimmt werden Sie angenehm überrascht sein. Für weitere Informationen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung:

James T. Peter

james.peter@ksup.ch

30. März 2020