In einem früheren Artikel bin ich bereits darauf eingegangen, dass aktives Zuhören auch bewusstes Schweigen beinhalten kann. Schweigen verlangsamt den Prozess der Mediation – entschleunigt ihn – und hilft den Mediationsparteien so, besser zu reflektieren, das Gesagte tiefer einsinken zu lassen und es damit besser zu verstehen.

Dies ist keine neue Erkenntnis und wird z. B. von Coaches[1], Mediatoren und vielen Ausbildnern rege genutzt. Kommt keine Antwort, warten wir gerne einfach mal ab und überwinden den Zwang, etwas sagen und damit die Stille füllen zu müssen.

Selbstverständlich braucht dies etwas Übung, denn wir alle ‘fürchten’ uns vor unangenehm empfundenen Gesprächspausen und der Gefahr, als unwissend und ‘sprachlos’ wahrgenommen zu werden oder den ‘Fluss’ der Verhandlung zu unterbrechen.

Der Nutzen dieses Schweigens wurde nun sogar in einer Studie der MIT Sloan School of Management wissenschaftlich bewiesen[2]. Schweigen führt gemäss dieser Studie in Verhandlungen zu besseren Resultaten für alle beteiligten Parteien. Das bewusste Einbauen von Schweigepausen beeinflusst die Beteiligten positiv, und führt dazu, dass sie sich weg vom ‘vorgegebenen Kuchen’ hin zu höherer Verhandlungsbereitschaft bewegen. Dies führt wiederum zur Vergrösserung des Kuchens und zu Mehrwert für beide Seiten.

Die Studie konnte nachweisen, dass vielen ‘Breakthroughs’ in den Verhandlungen Schweigepausen von mindestens drei Sekunden vorangingen. Weiter konnte nachgewiesen werden, dass – wenn Schweigen strategisch eingesetzt wurde – überlegte Denkweisen und entsprechendes Vorgehen vorherrschte und Möglichkeiten für beide Seiten besser erkannt wurden, mehr von dem zu bekommen, was sie wollten.

Was heisst das nun für die Mediation? Bei einer erfolgreichen Mediation geht es nicht darum, zu gewinnen und seinen Standpunkt durchzusetzen. Im Gegenteil, es geht darum die andere Seite zu verstehen und deren Sichtweise anzunehmen. Dabei kann aktives Zuhören und gerade eben auch nichts zu sagen helfen, denn dies führt zu vertiefter Reflexion und damit zu kreativeren Lösungen. Und diese stellen im Endeffekt meist für alle einen Gewinn dar.

Für mich persönlich werde ich aus den Ergebnissen der Studie mitnehmen, dass es der richtige Ansatz ist, Gesprächspausen nicht um jeden Preis füllen zu wollen. Der Ansatz, die manchmal unangenehme Stille auszuhalten ist absolut korrekt, denn er hilft, die Mediation einem erfolgreichen Abschluss – also einer Einigung – näher zu bringen.

[1] Im Artikel ist immer auch die weibliche Form gemeint.

[2] Jared R. Curhan, MIT Sloan School of Management (2021, 03 25). Retrieved from MIT Sloan Website: https://mitsloan.mit.edu/press/silence-golden-new-research-out-mits-sloan-school-management-suggests-extended-silence-during-negotiations-leads-to-better-results-both-parties